Ex-Schutz in Magnetventilen?

  • Guten morgen,

    ich bin ganz neu hier und komme direkt mit einer seltsamen Frage um die Ecke. Ich arbeite im Produktmanagement/Vertrieb eines Herstellers u. a. von Magnetventilen und habe eigentlich keine Ahnung von Ex-Schutz.
    Mir geht es darum, das Thema etwas besser zu verstehen.

    Ab und zu möchten Kunden "normale" 2/2-Wege Magnetventile (ohne Medientrennung, also ankerumspült), die eigentlich für Fluide, wie Wasser, Luft, Dampf oder Öl, entwickelt wurden, mit endzündlichen Medien einsetzen - chemische Beständigkeit vorausgesetzt.
    Die Umgebung ist keine ATEX-Zone. Der Ventilkörper und die Ankerhülse sind nach außen abgedichtet. Der elektrische Teil - die Magnetspule - steckt außen auf der Ankerhülse und kommt mit dem Medium, von eventuellen Leckagen abgesehen, nicht in Kontakt. Die Nennweiten sind i. d. R. relativ klein (3 bis 10 mm).

    Es taucht bei einigen Kunden die grundsätzliche Frage auf: Ist das Ventil innen Ex-geschützt?

    Vor dem Ventilsitz mag ein brennbarer Stoff (z. B. ein Lösungsmittel) anstehen und der Ausgang ist mit atmosphärischer Luft verbunden, z. B. einem noch leeren Behälter. Im Moment des Öffnens des Ventils könnte um den Ventilsitz, also noch im Ventilkörper (Messing oder rostfreier Stahl) eventuell eine endzündliche Konzentration entstehen. Als mögliche Zündquelle werden Funken durch Reibung des Ankers an der Ankerhülse oder eventueller Bruch der Rückstellfeder in's Feld geführt (alles aus rostfreiem Stahl). Die (Differenz-) Drücke liegen i. d. R. im Bereich bis 5 bar.

    Mir persönlich erscheint das - mit Verlaub - an den Haaren herbeigezogen. Denn zum einen sind die Anker, die in ihren Ankerhülsen kleine Wege von wenigen Millimetern fahren mit Gleitringen aus PPS versehen. Zum anderen scheint mir selbst bei einem Bruch der Feder keine ausreíchende Zündenergie auftreten zu können. Die Federn haben ungefähr die Dimension von denen, die man aus Kugelschreibern kennt (kürzer, dafür aber mit größerem Durchmesser).

    Gibt es dazu Richtlinien etc.? Ist das eine Ex-Zone? Kann man eine mögliche Zündquelle ermitteln? Wie geht man mit so etwas um? Hat jemand Erfahrungen damit?

  • Hallo Harald,

    zunächst einmal herzlich Willkommen bei uns im Ex-Forum.

    Ich bin gerade unterwegs, deshalb eine erste kurze Stellungnahme:

    Wenn ich es richtig verstanden habe, redest Du vom An- und Abfahren mit brennbaren Stoffen. Wenn Du dann nicht sicher die Bildung einer explosionsfähigen Atmosphäre ausschließen kannst (z.B. durch ständige Befüllung) - hast Du Ex-Regeln einzuhalten.
    Je nach Branche, KFZ oder ähnlich, sind hier Zulassungen notwendig, die von den jeweiligen Behörden vorgeschrieben werden; so wie Du schon richtig erkannt hast, ist eine davon die Erzeugung von mechanischen Funken. Aber auch die Elektrostatik darf nicht vernachlässigt werden.
    Und häufig wird auch die Einschaltung einer benannten Stelle für den Explosionsschutz verlangt, so z.B. die PTB.

    Ein freundliches Glückauf!

    Günter :bau:

  • Hallo Harald,

    nebenbei, zur "Dichtheit" eines Ventiles schaue mal in die TRBS 2152, Teil 2. Was dort steht gilt auch für die Prozessanschlüsse.
    - "Dicht" wie ich es (früher) verstanden habe ist eigentlich undicht.
    - "Technisch dicht" ist so einigermassen dicht
    - "Dauerhaft technisch dicht" ist erst richtig dicht. :freude:
    (Für die EX-Leute).

    Wie Günter schon gesagt hat, das Füllen und Leeren bekommt besondere Bedeutung. Eine Systematik zur Bewertung / verschiedene Fälle gibt es im "Atex Leitfaden für die Armaturenindustrie", prinzipiell kann das innere eines Ventils genauso betrachtet werden.
    In der Atex Richlinie von 2009 (blue guide) wird unter 4.1.2.4 genau das besprochen.

    Zu mechanische erzeugten Reib- und Schlagfunken hat es eine Untersuchungen der PTB, lohnt sich vielleicht auch reinzuschauen.
    Noch etwas, kannst Du Dir vorstellen die Antriebsspule des V. hat einen Defekt, wird heiss, überträgt die Wärme nach innen? Bei einer Zündquellenbewertung alle Quellen sorgfälltig abzuarbeiten schützt vor Überraschungen.
    Für ein Ventil dessen mechanischer Teil direkt (Befüllung von oben) an einem leeren Behälter für brennbare Stoffe (Zone 0) montiert ist sehe ich eine EG-Baumusterprüfung notwendig, lasse mich aber gerne belehren.

    Gruß,
    exer

  • Erst einmal vielen Dank für die schnellen Antworten.

    Gibt es eigentlich irgendwelche Grenzwerte für die Volumina, die betrachtet werden müssen. So ein Magnetventil, wie ich es vor Augen habe, hat vielleicht ein bis zwei cm³ internes Volumen.

    Zu en Leckagewerten: In den kritischen Fällen gehen wir grundsätzlich auf die Ventiltypen, die mit Helium auf einen Wert von besser als 10-6Pa*m³/s geprüft werden.

    Gruß

    Harald

  • Hallo Harald,

    eine kleine Gegenfrage.... Würdest Du eine Gasleitung aus Kunststoff, die zu Deinem Ventil führt, unter "Dampf" mit einem Feuerzeug und offener Flamme anwärmen wollen? HOFFENTLICH NICHT! :raucher:

    Genau so verhält es sich mit Deinem Ventil. Eine Begrenzung auf kleine Mengen in diesem Sinne sind mir nicht bekannt.

    Ein freundliches Glückauf!

    Günter :bau:

  • Hallo zusammen! Auch wenn der Thread einige Jahre alt ist hänge ich mich hier mal dran, da es sich um dasselbe Thema dreht.

    Betrachtet wird hier aber ein Magnetventil mit dem ein zündfähiges Brenngas, ein Gemisch aus Luft und Methan, geschaltet werden soll. Es ist hier also tatsächlich von Zone 0 im Inneren auszugehen. Im Rahmen einer Zündgefahrenbewertung wurde das Vorhandensein verschiedener potentieller Zündquellen untersucht.

    Unter anderem verursacht der Ventilmagnet nachweislich eine nicht unerhebliche Erwärmung der Innenteile des Ventils, auch mit Gasberührung. Jetzt zu den Fragen:

    - Muss die Erwärmung durch den Ventilmagneten, unabhängig von dessen Höhe, als potentielle Zündquelle betrachtet werden?

    - Ist diese potentielle Zündquelle dem Ventil selber zuzuordnen oder ist das ein Einfluss von außen? Dazu muss man wissen, dass das Ventil mit unterschiedlichen Ventilmagneten betrieben werden kann.

    - Kann ein Wirksamwerden dieser Zündquelle im Normalbetrieb und im Falle einer vorhersehbaren Störung ausgeschlossen werden, falls der Ventilmagnet selber ein Ex-Gerät der Kategorie Gb ist?

    - Für den Ausschluss des Wirksamwerdens im Falle einer seltenen Störung wäre aber eine Ventilmagnet der Gerätekategorie Ga erforderlich, da ja Zone 0 vorliegt?

  • Einen zertifizierten Ex-Magneten kann man als unmittelbare, thermische Zündquelle sicherlich ausschließen, wenn dessen Temperaturerhöhung zum Medium passt.

    Ich frage mich, ob die Normenreihen 60079 und 80079 überhaupt anwendbar ist, gelten sie doch für Geräte zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen unter atmosphärischen Bedingungen. Wenn das explosionssfähige Medium eingeschlossen auftritt, in der Umgebung aber nicht, ist das gleichfalls gründlich zu bewerten, scheint mir aber ein anderer Fall zu sein.

    Viele Grüße

    Werner Holtfreter

  • Hallo Uniraverr,

    hier mal meine grobe Vorgehensweise:

    1. Ist ATEX anwendbar?

    Ich denke ja; ist ein Defekt in der Rohrleitung, sind hier spätestens atmosphärische Bedingungen. Zusätzlich stellt sich bei Deiner Anwendung, ob die Zündgrenzen sich durch den anstehenden Druck verändern.

    2. Eigenzertifizierung möglich?

    Ich denke Nein. Es muss eine benannte Stelle eingeschaltet werden. Der mechanische Teil des Ventils ist auf mögliche Zündquellen im Doppelfehlerfall zu untersuchen. Ebenfalls muss der Gaskanal in Richtung Magnetspule untersucht werden, in wie weit sich hier auch eine Zone 1 ausbreiten kann. Im schlimmsten Fall kann eine 2G-Spule nicht eingesetzt werden, da auch hier 1G notwendig ist.

    Achtung: Ein neu bescheinigtes 1G-Gerät muss in die Fertigungsüberwachung einer benannten Stelle nachgemeldet werden und erfordert im Allgemeinen als Basis eine gültige ISO9000-Zertifizierung

    Ein freundliches Glückauf!

    Günter :bau:

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